Schulpflicht

Schulpflicht für Abschlussklassen

400.000 Schülerinnen und Schüler seit 23.04. zum Unterricht verpflichtet

Durch eine sogenannte Schulmail der schwarz-gelben Landesregierung, die am Samstag, 19.04., bei den Schulen einging, gilt ab Donnerstag, 23.04., die Verpflichtung zum Unterrichtsbesuch für Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen in Haupt-, Real- und Gesamtschulen sowie über ein Drittel der Schülerinnen und Schüler an Berufskollegs.
Damit geht NRW einen riskanten Sonderweg unter den Ländern. Die Praktiker an Berufskollegs schauen mit großer Sorge auf die übereilte Schulöffnung – auch weil die Schülerinnen und Schüler dort aus einem weiteren Umkreis zur Schule fahren. Nach Einschätzung der Lehrerverbände sind an den Berufskollegs nur 70% der Lehrer*innen einsatzbereit, da viele erkrankt sind oder zu den Risikogruppen gehören (über 60 Jahre alt, Vorerkrankungen). Auch gibt es durchaus Schüler*innen mit Vorerkrankungen, die zu den Risikogruppen gehören.
Völlig unklar ist, wie ein solcher Unterricht unter Einhaltung des Mindestabstandes und der Hygienevorschriften von einem zahlenmäßig sehr reduzierten Kollegium durchgeführt werden kann. Völlig unklar ist auch, was geschieht, wenn an einer solchen Schule Coronafälle auftauchen. Wird die gesamte Schüler- und Lehrerschaft als Kontaktpersonen unter Quarantäne gestellt? Was geschieht mit Angehörigen?
Während Ministerin Gebauer diese überstürzte Maßnahme als Erfolg ansieht, hört man aus den Kommunen der Schulträger etwas völlig anderes: “Vieles ist mit heißer Nadel gestrickt…”- Bis kurz vor der Öffnung der Schulen hieß es aus dem Landesschulministerium, Desinfektionsmittel seien nicht nötig, sie enthielten gefährliche Substanzen und sollten nicht frei zugänglich gemacht werde. Dann wurde eine Mail verschickt, vor den Klassenräumen und Fluren sollten Desinfektionsspender installiert werden… Das Robert-Koch-Institut weist darauf hin, dass die Viren auf Oberflächen bis zu 6 Tagen infektiös bleiben. In geschlossenen Räumen können die Erreger sich auch über weitere Distanzen verbreiten. Wie lässt sich das im Schulalltag bewältigen? Die mit schmerzhaften Einschnitten erzielten Erfolge in Bezug auf die Reproduktionszahl des Virus werden fahrlässig aufs Spiel gesetzt. Bei allem Verständnis für den Versuch, auch in Pandemiezeiten Schulabschlüsse durch Prüfungen und Klausuren zu ermöglichen geht die Landesregierung hier aber völlig am pädagogisch Notwendigen vorbei.

Viele Eltern sowie Schülerinnen und Schüler brauchen in dieser Phase Unterstützung bei der Krisenbewältigung und neuen Anschluss an die Schulen. Das torpediert die Landesregierung, weil sie alle Ressourcen auf den Bereich der Prüfungen konzentriert. Wichtiger wäre es, die Schulen in die Lage zu versetzen, pädagogisch auf die Krisenerfahrungen der Schülerinnen und Schüler einzugehen und den Familien Halt und Unterstützung zu geben. Zudem ist eine andere Regelung für Abschlussprüfungen ausweislich der Äußerungen des Staatssekretärs Richter möglich, der am 16. April 2020 im Schulausschuss des Landtags erklärte: “Abweichend von § 18 Abs. 5 Schulgesetz soll für den Notfall – wenn er denn kommen sollte – im Jahre 2020 auch ein Abitur ohne Prüfung möglich sein. Die Grundlage dafür wurde vor Kurzem ebenfalls mit einem Beschluss der Kultusministerkonferenz geschaffen. Er sieht für einen solchen Notfall die wechselseitige Anerkennung der Allgemeinen Hochschulreife auf Basis der bis dahin in der Qualifikationsphase erbrachten Leistungen… der von den Schülerinnen und Schülern gewählten Abiturfächer vor.”

Ihre Mucher Grünen