Haushaltsrede 2020

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Ratskolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Bürgermeister!

Zunächst möchten wir uns an dieser Stelle bedanken beim Kämmerer und seinen Mitarbeitern für die Fleißarbeit bei der Aufstellung des Haushaltsplans -wegen der nach wie vor unbefriedigenden Rahmenbedingungen sicher keine sehr angenehme Aufgabe.

Anlass zur Sorge gibt wie schon in den vergangenen Jahren die Entwicklung der Mucher Finanzen. Jährlich gibt die Gemeinde mehr Geldmittel aus, als sie tatsächlich zur Verfügung hat, im aktuellen Haushaltsjahr über 2,7 Mio. Euro! Der Ausgleich erfolgt wie schon in den vergangenen Jahren durch den Zugriff auf die allgemeine Rücklage, was dazu führen wird, dass sich in 2020 das Eigenkapital von einst etwa 55 Mio. € auf 28 Mio.€ zum Jahresende verringern wird. Laufende Ausgaben müssen weiterhin mithilfe von Liquiditätskrediten in Millionenhöhe getätigt werden, wofür natürlich auch Zinszahlungen anfallen!

All das zeigt, dass die Ausstattung der Kommune mit Kapital durch Bund und Land weiterhin nicht auskömmlich ist. Hier erinnere ich mich noch an die Versprechungen des Direktwahlkandidaten der CDU für den Landtag, Herrn Franken, der damals am Wahlstand nebenan den Bürger*innen versprach, sich im Landtag für eine viel bessere finanzielle Ausstattung der ländlichen Kommunen einzusetzen. Viel hat er nicht erreicht! Der Städte- und Gemeindebund beklagt mit Recht die viel zu dürftige finanzielle Versorgung der Kommunen durch die derzeitige schwarz-gelbe Landesregierung. Viele Ursachen der bestehenden Defizite lassen sich kaum beeinflussen, aber die Möglichkeit der Kommune einer Verbesserung der Einnahmen durch höhere Hebesätze und Beiträge, was in der Fortschreibung des HSK so vorgesehen ist, stößt an Grenzen, wenn dadurch die Belastungen für viele Bürger*innen zu groß werden. Um die Einnahmenseite zu verbessern darf die Gewerbesteuer nicht tabu sein. Auch Gewerbetreibende sollten u.E. zukünftig einen höheren Beitrag zur Haushaltskonsolidierung der Gemeinde leisten, zumal der Gewerbesteuersatz in Much mit zu den niedrigsten im Kreis gehört. Darauf haben wir auch schon im letzten Jahr hingewiesen!

Inzwischen scheint sich in Bund und Land die Auffassung durchgesetzt zu haben, statt die Kommunen -und hier vor allem ländliche Kommunen wie Much- mit auskömmlichen Mitteln für ihre Aufgaben auszustatten (Beispiel Soziale Leistungen), laufend neue Förderprogramme aufzulegen, um die sich die Gemeinden dann in einem aufwändigen bürokratischen Verfahren bewerben müssen. Bei grober Durchsicht haben wir über 30 aktuelle Förderprogramme gefunden, die auch für Much infrage kämen. Inzwischen stellen einige Kommunen bereits Fachkräfte ein, deren einzige Aufgabe die Akquise von Förderprogrammen ist!

Vielfältige Aufgaben sind bereits begonnen oder harren in der Gemeinde Much noch auf ihre Umsetzung:

  • Schulzentrum inklusive Sanierung und Barrierefreiheit der Altbaubestandteile
  • Umgestaltung Kirchplatz
  • Umgestaltung Hauptstraße inklusive Lindenhofgelände
  • Kleverhof
  • Bauhof
  • Neubau Feuerwache
  • Planung und Bau einer Mehrzweck-/Versammlungshalle

Die Ausgaben der Gemeinde im investiven Bereich sollen sich im Jahr 2020 auf fast 9,5 Mio. Euro belaufen, davon sollen grob gerechnet 3 Mio. in die Schulen inklusive Erweiterung des Schulzentrums, 1 Mio. in den Straßenbau und 1.2 Mio. in Städtebaumaßnahmen abzüglich der bewilligten Fördermittel fließen. Dagegen ist aus unserer Sicht wenig einzuwenden, allein der Teufel steckt im Detail. Für Planungsbüros scheint die Gemeinde ein lukratives Geschäftsmodell zu sein. Während die Planungen und die Beantragung von Städtebaufördermitteln durch das beauftragte Planungsbüro im Jahr 2017 krachend gescheitert war und abgelehnt wurde, wurde das gleiche Planungsbüro erneut beauftragt, lieferte eine abgespeckte Fassung der alten Planung ab und erhielt dafür wiederum Mittel im sechsstelligen Bereich. Bei der Vorstellung der Neugestaltung des Kirchplatzes holte man eine visuelle Darstellung aus früheren Zeiten hervor, die aus einer Zeit stammte, als man von der Realisierung einer Ortsumgehung und der verkehrsberuhigten Hauptstraße ausging. Dementsprechend auch die Visualisierung: eine breite Freitreppe zur fast autofreien Bundesstraße, Bäume auf dem Platz bleiben fast komplett erhalten, ein Idyll! Die Probleme zeigten sich erst in der Detailplanung. Fast 30 Bäume seien zu fällen, aus Kostengründen Beton statt Natursteinpflaster ohne Rücksicht auf die historische Umgebung, Entfernung der Fußgängerabsicherung zur Hauptstraße, eine überdimensionierte Treppe, die wegen der geringen Steigung bis weit in den Kirchplatz hineinragen sollte. Das alles als Tischvorlage im Planungsausschuss ohne Modell und ohne Alternative vorgestellt, nach dem Motto …“wenn ihr das jetzt nicht akzeptiert, verlieren wir die Fördermittel.“ Unserer Fraktion erschien die Kirchplatzplanung so nicht hinnehmbar und nach Gesprächen mit dem Bürgermeister war er dankenswerterweise bereit, das Verfahren erneut zu eröffnen. Inzwischen zeigte sich auch zunehmendes Missfallen mit der vorgestellten Planung in weiten Teilen der Bürgerschaft und die Bürgerinitiative Kirchplatz brachte sich in weiteren Abstimmungsgesprächen aktiv ein. Allerdings wurde das gleiche Planungsbüro erneut mit der Überarbeitung des Konzeptes beauftragt und soll erneut Mittel dafür erhalten! Ein Unding aus unserer Sicht nach zwei missglückten Planungsversuchen! Wir kündigen an, dass unsere Fraktion sich zukünftig an solch folgeschweren Planungen aufgrund von Tischvorlagen nicht mehr beteiligen wird. Stattdessen sollten Vertreter der Fraktionen bei größeren Bauvorhaben und Planungen im Vorfeld in die Verhandlungen mit Planungsbüros eingebunden werden.

Unentschuldbar auch die Planungsmängel beim Schulzentrum. Einige Stichworte dazu:

  • Deponie-Klasse des Bodenaushubs nicht berücksichtigt, Mehrkosten ca. 115.000 €
  • Ausstattung NW, Mehrkosten 51.000 €
  • Türen, Mehrkosten ca. 60.000€
  • Elektromedientechnik, Mehrkosten ca. 47.000 €

Insgesamt ergeben sich hier nicht vorher berücksichtigte Kosten von fast 400.000 €.

Zu den Ungereimtheiten bei der Planung des Schulzentrums gehört auch, dass die Installation der Heizungsanlage nicht gleich im Zusammenhang mit dem Altbau durchgeführt und dafür das „Provisorium“ entfernt wird- sicher eine sinnvolle Maßnahme zum Klimaschutz.

Damit komme ich auch zum für uns aktuell wichtigsten Thema, dem Klimaschutz. Auf unseren Prüfauftrag im Umweltausschuss hat der Rat einstimmig beschlossen, auf der Basis des Leitfadens „7 Schritte zur klimaneutralen Kommune“ das Ziel der Klimaneutralität in Much anzustreben. Das Konzept sieht u.a. vor, dass vor relevanten Ratsbeschlüssen auch die Verträglichkeit mit diesem Ziel bewertet wird, um den Ratsmitgliedern eine Entscheidungsgrundlage zu geben. Da die Kommune durchschnittlich nur für ca. 2% der Entstehung klimaschädlicher Gase selbst verantwortlich ist, sollte jedem klar sein, dass ohne die Verankerung des Klimaschutzbewusstseins in der Bevölkerung und deren Mitarbeit Klimaneutralität nicht zu erreichen sein wird. Da hilft es auch nicht, sich dem Attac-Antrag auf Ausrufung des Klimanotstandes anzuschließen wie die SPD das beantragt hatte, denn das Notstandsgesetz ist ein Begriff aus den späten 60er Jahren, als Gerhard Schröder Innenminister war. Notstand auszurufen bedeutet, dass der Staat Grundrechte der Bürger einschränken darf, um diesen zu bekämpfen. Hier hat die Gemeinde weder die Zuständigkeit noch die Möglichkeiten, solches zu tun. Diese Art der Symbolpolitik spricht nicht für aktives Anpacken der Probleme sondern eher für schlechtes Gewissen. Das sollten wir in der Gemeinde aber nicht haben. Schon 2012 wurde ein erstes Klimaschutzkonzept erstellt, 2016 ein Klimaanpassungskonzept und 2018 die Umsetzung beschlossen. Hier gilt es aber dringend, dies konkret weiterzuentwickeln. Klimaschutzmaßnahmen sind nicht zum Nulltarif zu erhalten, zahlen sich aber letztendlich aus. Kosten für negative Folgen des Klimawandels (Starkregen, Orkane, Überschwemmungen, Hitze- und Dürreperioden…) können so reduziert werden. Daher haben wir mit Enttäuschung wahrgenommen, dass im Haushaltsplan die Mittel für Umweltschutzmaßnahmen in den kommenden Jahren eher noch zurückgefahren werden sollen anstatt zu steigen. Klimaschutz und Umweltschutz gehören personell besser ausgestattet als bisher, wie die CDU in ihrem Prüfauftrag auch schon angedacht hat. In unserem Ratsbeschluss wurden auch 10.000€ als erste Mittelbereitstellung für Klimaschutzmaßnahmen angeführt. Im Haushaltsplan konnte ich dazu nichts finden. Weiteres erforderliches Werkzeug ist der Aufbau eines Frühwarnsystems für Extremwetterereignisse, wie vom Klimaschutzmanager wiederholt gefordert. Ein wichtiges Tool ist die Einbeziehung von Anregungen aus der Bevölkerung. Hierzu habe ich entsprechende Schritte im Kreistag mit der Installation einer „interaktiven Online-Ideenkarte“ auf den Weg gebracht, die wahrscheinlich noch vor der Sommerpause beschlossen und über die Energieagentur eingerichtet werden soll.

Wir appellieren an dieser Stelle nachdrücklich dafür, das Thema Klimawandel und Klimaschutz ernst zu nehmen und hierfür auch erforderliche Geldmittel und Personal bereitzustellen.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!