Haushaltsrede 2021

Much, 19.02.2021

Haushaltsrede 2021

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Ratskolleginnen und Kollegen,

sehr geehrter Herr Bürgermeister!

Unser Dank gilt dem Kämmerer und seinen Mitarbeitern für die Fleißarbeit bei der Aufstellung des Haushaltsplans und der fundierten Beratung anlässlich unserer Haushaltsklausur – Pandemie bedingt im Rahmen einer Videokonferenz. Damit sind wir bei einem wesentlichen „Störfaktor“ , was die Rahmenbedingungen auf dem Weg zu einem ausgeglichenen Gemeindehaushalt angeht. Die voraussichtlichen Mindereinnahmen betragen im laufenden Jahr fast 2 Mio. Euro und summieren sich bis zum Ende des Zeitraums der Haushaltssicherung in 2026 auf mehr als 5,5 Mio. Euro! Diese Kosten kann die Gemeinde zwar laut Gesetz der Landesregierung „isolieren“, d.h. sie schlagen im Haushaltsplan nicht negativ zu Buche, müssen aber 2024 entweder vom verbliebenen Eigenkapital abgezogen oder jährlich verteilt auf 50 Jahre abgeschrieben werden. In jedem Fall belastet damit der Pandemie bedingte Einnahmeschwund (Gewerbesteuer-, Lohnsteuer-, Umsatzsteuerrückgang) diese und zukünftige Generationen! Leider sind weder Bund noch Land bereit, die Kommunen bei der Entschuldung nennenswert zu unterstützen.

Auch in diesem Jahr gibt die Gemeinde mehr Geldmittel aus, als sie tatsächlich zur Verfügung hat, im aktuellen Haushaltsjahr über 2,2 Mio. ohne die der Pandemie zugerechneten isolierten 2 Mio.! Der Ausgleich erfolgt wie schon in den vergangenen Jahren durch den Zugriff auf die allgemeine Rücklage, was dazu führen wird, dass sich bis zum Ende der Haushaltssicherung das Eigenkapital von einst etwa 55 Mio. € auf voraussichtlich 12 Mio. Euro verringern wird. Laufende Ausgaben müssen weiterhin mithilfe von Liquiditätskrediten in Millionenhöhe getätigt werden, wofür natürlich auch Zinszahlungen anfallen!

Im laufenden Haushaltsjahr verfügt die Gemeinde Much über Gesamteinnahmen von 28,6 Mio Euro. Dabei entfallen wesentliche Beträge auf die Einkommenssteueranteile in Höhe von 7,7 Mio., Gewerbesteuer in Höhe von 4,6 Mio., Grundsteuer B in Höhe von 2,8 Mio. Hinzu kommen Zuweisungen des Landes in Höhe von insgesamt 5,6 Mio. Euro sowie Erträge aus Kostenerstattungen und Beiträgen.

Dem gegenüber gibt die Gemeinde insgesamt 32,7 Mio. Euro aus! Größte Posten sind hier Personalaufwendungen inklusive Versorgungsaufwendungen in Höhe von insgesamt 6,6 Mio., Sach- und Dienstleistungen in Höhe von 6,6 Mio., die Kreisumlage in Höhe von 6,2 Mio., Jugendamtsumlage in Höhe von 6,5 Mio, sowie sonstige Transferzahlungen – insgesamt fehlen der Gemeinde also mehr als 4 Mio. Euro!

Die Frage, wie man das Defizit mittelfristig ausgleichen kann – wie es das Haushaltssicherungskonzept verlangt – ließe sich relativ einfach beantworten: Erhöhung der Grundsteuer B auf bis zu 850 Prozentpunkte im Jahr 2026 – das würde z.B. bei einem Grundsteuerbetrag von derzeit 1.000 Euro eine Steigerung auf über 1.500 Euro bedeuten! Damit verlagert man den Haushaltsausgleich einseitig auf Hauseigentümer und damit auch auf die Mieter, wobei wir dem so nicht zustimmen können. Alle Steuerarten müssen hier im Sinne der Steuergerechtigkeit ihren Beitrag leisten, auch das Gewerbe. Das würde für alle Beteiligten zu einer moderaten Erhöhung führen. Ein anderer Aspekt sollte aber unseres Erachtens stärker in den Fokus rücken: Einsparungen anstatt Steuererhöhungen! Hier lässt sich einiges finden: So gibt die Gemeinde und damit der Steuerzahler jährlich über 100.000 Euro für Miete und Personalkosten des Tourismusbüros an der Hauptstraße aus, wobei sicher einiges durch Einrichtung der Touristeninformation im Foyer des Rathauses zu sparen wäre.

Beispielhaft angeführt für die Unterfinanzierung der Kommunen bei der Versorgung von Flüchtlingen ist die Nichtübernahme der Kosten abgelehnter, aber geduldeter Asylbewerber durch Land und Bund trotz gegenteiliger Ankündigungen. Auch der Plan, durch Ausweisung neuer Wohngebiete auf der grünen Wiese mehr finanzkräftige Neubürger zu generieren, geht nicht auf. Wie die Steigerung bei der Jugendamtsumlage zeigt, fressen die Kosten für die Schaffung zusätzlicher Infrastruktur – Kindergartenplätze, Klassenräume – die Mehreinnahmen auf. Den Kapitalzuwächsen der Landbesitzer bei der Umwandlung von Grünland in Bauland um mindestens das 10fache stehen der Flächenverbrauch und damit die negativen Auswirkungen auf Umwelt und Klima durch Versiegelung entgegen.

Sparpotential ergibt sich auch bei der immer intensiveren Beauftragung von Planungsbüros für geplante Bauvorhaben und Erneuerungsprogramme. Anstatt die Kommunen -und hier vor allem ländliche Kommunen wie Much – mit auskömmlichen Mitteln für ihre Aufgaben auszustatten, werden laufend neue Förderprogramme aufgelegt, um die sich die Gemeinden dann in einem aufwändigen bürokratischen Verfahren bewerben müssen. Aktuell hat der Bund ein Klimaschutzförderprogramm (Bundesförderung für effiziente Gebäude-Nichtwohngebäude) aufgelegt, das erhebliche Zuschüsse bei Sanierung und Errichtung kommunaler Liegenschaften gewährt.

Vielfältige Aufgaben sind bereits begonnen oder harren in der Gemeinde Much wie schon im letzten Jahr erwähnt noch auf ihre Umsetzung:

  • Schulzentrum inklusive Sanierung und Barrierefreiheit der Altbaubestandteile
  • Umgestaltung Kirchplatz
  • Umgestaltung Hauptstraße inklusive Lindenhofgelände
  • Kleverhof
  • Bauhof
  • Neubau Feuerwache
  • Planung und Bau einer Mehrzweck-/Versammlungshalle

Für Planungsbüros scheint die Gemeinde ein lukratives Geschäftsmodell zu sein. Die Ergebnisse dieser Planungen waren in der Vergangenheit des öfteren zweifelhaft und wenig überzeugend (siehe Kirchplatz oder vorhersehbare Mehrkosten beim Schulzentrum von fast 400.000 Euro). Stattdessen sollten Vertreter der Fraktionen bei größeren Bauvorhaben und Planungen im Vorfeld in die Verhandlungen mit Planungsbüros eingebunden werden.

Im Jahr 2019 hat der Rat auf unseren Prüfauftrag im Umweltausschuss hin einstimmig beschlossen, auf der Basis des Leitfadens „7 Schritte zur klimaneutralen Kommune“ das Ziel der Klimaneutralität in Much anzustreben. Das Konzept sieht u.a. vor, dass vor relevanten Ratsbeschlüssen auch die Verträglichkeit mit diesem Ziel bewertet wird, um den Ratsmitgliedern eine Entscheidungsgrundlage zu geben. Hierzu installiert der Klimaschutzmanager der Gemeinde jetzt einen Lenkungskreis Klimaschutz aus Vertretern der Ratsfraktionen und dem Klimaschutzmanagement, um im Vorfeld von klimarelevanten Entscheidungen konkrete Maßnahmen zu entwickeln. Klimaschutzmaßnahmen sind nicht zum Nulltarif zu erhalten, zahlen sich aber letztendlich aus. Kosten für negative Folgen des Klimawandels (Starkregen, Orkane, Überschwemmungen, Hitze- und Dürreperioden…) können so reduziert werden.

Wir appellieren an dieser Stelle nachdrücklich dafür, das Thema Klimawandel und Klimaschutz ernst zu nehmen und hierfür auch erforderliche Geldmittel und Personal bereitzustellen.

Edgar Hauer

(Fraktionsvorsitzender)